Flimmerstunde beim Buschmüller

Der Buschmüller und seine Müllerin
Die alte Buschmühle ist ihr Leben - Stefan Gernert und Andrea Bensch. (Foto: Hartmut Landgraf)

Sie ist immer gut für eine Geschichte: die Buschmühle. Selbst Hollywood war von ihr begeistert. Wer das urige Gasthaus noch nicht kennt, sollte mal auf ein Bier vorbeikommen. Zum Beispiel zur Filmnacht.

Donnerstags stehen in der Buschmühle die Biergläser umgestülpt im Wandschrank. Der Gastraum ist leer, die Tür verschlossen und sogar die Internetseite abgeschaltet. Donnerstag ist Ruhetag. Egal ob die Welt kopfsteht.

Das urige Gasthaus im hinteren Kirnitzschtal tickt ein bisschen anders als die meisten Kneipen in der Sächsischen Schweiz. Der Wirt – Stefan Gernert – schert sich nicht viel um den touristischen Zeitgeist. Das Fachwerkgebäude sieht noch fast genauso aus, wie es seine Vorfahren einst erbaut haben – niedrige Räume, massive Balken. Drinnen muss das Licht um jeden Winkel kämpfen. Ein Kachelofen neben der Tür, alte Fotos und eingerahmte Skatblätter an den Wänden, in der Ecke ein Klavier. Der Tresen ist ein simpler Tisch ohne Schankanlage – das Bier gibt´s aus der Flasche. Seit 15 Generationen befindet sich die Mühle ununterbrochen in Familienbesitz. „Und sie bleibt wie sie ist, auch wenn ich mein Leben lang Bockwurst verkaufe“, soll der Buschmüller mal zu einem Kreditberater gesagt haben, der ihm ein teures Investitionspaket aufschwatzen wollte.

Stammlokal für Klettervereine
Stammkneipe für die Kletterszene. (Foto: Hartmut Landgraf)

Die Gäste stört das nicht – ganz im Gegenteil: mit ihren liebenswerten Eigenarten genießt die Buschmühle in Bergsteiger- und Wanderkreisen Kultstatus. Gernert ist mit etlichen Gästen persönlich befreundet oder geht sogar mit ihnen klettern. An der Hauswand prangen Plaketten von Bergsteigervereinen. Nicht immer ist so viel Vertrautheit gut fürs Geschäft, das bekam der Buschmüller zu spüren, als er vor ein paar Jahren den langezeit stabilen Bierpreis von 1,80 Euro um 70 Cent anhob und außerdem eine feine Bachforelle für 13 Euro auf die Speisekarte setzte. Bockwurst gibt´s immer noch und auch bei 2,50 Euro fürs Bier muss sicher niemand durstig vom Hof ziehen. Trotzdem gab´s erregte Diskussionen in der Szene.

Buschmüller an seinem Tresen
Der legendäre Buschmühlen-Tresen – ein simples Stück Holz ohne Zapfanlage. Aber das Flaschenbier der Buschmühle gehört nun mal zum Kult. (Foto: Hartmut Landgraf)

Auch andere wollten das urige Gasthaus lieber alt als neu. 2008 wurde Hollywood auf die Buschmühle aufmerksam. Ein Produktionsteam nahm die Kneipe ganze vier Wochen lang für eine kurze Szene im Kinofilm „Der Vorleser“ in Beschlag. Aber dafür mussten die eben frisch gestrichenen Wände wieder alt und schäbig aussehen. Die Mühle wurde kurzerhand erneut überpinselt – schwarz. Stefan Gernert stöhnt noch heute beim Gedanken daran. Eine Riesensauerei. „Die Farbe ging hinterher einfach nicht mehr ab“, sagt er. Doch dafür saß in den Drehpausen Kate Winslet in seiner Küche. Etliche Kneiper in der Sächsischen Schweiz hätten sicher gerne mit dem Buschmüller getauscht.

Hollywoods Requisiten
Erinnerung an ein Stückchen Ruhm: 2008 drehte Hollywood in der Buschmühle eine Szene für den Kinofilm „Der Vorleser“ mit Kate Winslet. Stefan Gernert durfte ein paar Requisiten behalten. Die Flaschen versteigerte er nach der Kirnitzschflut für den Wiederaufbau der Buschmühle – und bekam sie prompt von der Sebnitzer Bergwacht zurückgeschenkt. (Foto: Hartmut Landgraf)
Hochwassermarke in der Buschmühle
Erinnerung an einen Tiefpunkt in der Mühlengeschichte: Am 8. August 2010 stand das Wasser der Kirnitzsch fast brusthoch auf dem Hof. (Foto: Hartmut Landgraf)

Nicht so im August 2010, als die Flut im Kirnitzschtal für die Buschmühle beinahe das Aus bedeutet hätte. Die Wassermassen überfluteten den Hof, rissen die Brücke fort, die Scheunenwand und einen 5000 Liter großen Gas-Tank. Heizungs-, Wasser- und Sanitäranlagen wurden zerstört, Strom- und Telefonleitungen durchtrennt. Überall Treibholz, Geröll und Schlamm. Stefan Gernert musste zuschauen, wie seine Zukunft den Bach runterging. Dass es die Mühle heute noch gibt, verdankt er großzügigen Spenden aus der Bergsteigergemeinschaft, staatlichen Wiederaufbaumitteln „und vielen Tausend fleißigen Händen“, wie er sagt.

In guten wie in schlechten Tagen, sie halten zusammen – die Buschmühle und ihre Gäste. Zu den guten gehört jedes Jahr ein originelles kleines Sommerfest: die Buschmühlen-Filmnacht. Ursprünglich aus einer Bierlaune heraus entstanden, findet das beliebte Treffen am 17. Juni 2017 bereits zum elften Mal statt. Ohne Kate Winslet zwar, aber dafür u.a. mit „Sächsischen Delikatessen“, der Bergsteigerband Schlappseil, Foto- und Reisevorträgen und mehreren Hundert Freunden der Buschmühle. Wer die Traditionskneipe von ihrer besten Seite kennenlernen will, sollte mal vorbeikommen. Denn eines ist gewiss: Zur Filmnacht gibt´s jede Menge gute Laune. Schön gekühlt – und ausnahmsweise mal vom Zapfhahn!

Die 11. Buschmühlen-Filmnacht am 17. Juni
Der Hof der Buschmühle
So leer ist der Hof meist nur donnerstags zur Kneipenruhe. Zur Filmnacht am 17. Juni wird´s hier voll. (Foto: Hartmut Landgraf)
  • Ab 17 Uhr fließt das erste Bier
  • Ab 19 Uhr gibt’s was auf die Ohren von der Bergsteigerband Schlappseil
  • Ab 22 Uhr wird der Beamer angeworfen: In „Sächsische Delikatessen“ geht´s  – anders, als der Titel vermuten lässt – eher um die unappetitlichen Seiten des Bergsports in Sachsen | Jörg Brutscher nimmt die Filmnachtfreunde mit auf eine Klettertour ins ferne Sibirien | danach geht´s mit Kay Uwe Lehnung & Karsten Hahn auf dem Rad durch den Iran | Phillipp Zieger zeigt atemberaubende Landschaftsfotos aus den heimischen Elbsandstein-Gefilden | hinterher gibt´s allerlei Überraschungsfilme aus Sachsen und der weiten Welt.

Kulturbeitrag: 3 Euro, Parkplätze sind nur begrenzt vorhanden.

–> Zur Homepage der Buschmühle

(Nicht vergessen: Donnerstags hat in der Buschmühle auch das Internet geschlossen!)

 

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