Miras Reise

Kuriose Entdeckung im Elbsandsteingebirge: Vor fünf Jahren standen sich hier zwei Luchse gegenüber – einer lebendig, der andere aus Stein. Eine Bachelorarbeit bringt den Fall jetzt ans Licht.

Kaum ein Tier erschien den Menschen im alten Europa rätselhafter und geheimnisvoller als der Luchs: Ein Einzelgänger – scharfsinnig, leise und in der damaligen Vorstellung gefährlich. Ein „gräuliches Tier, vor dem Mensch und Vieh zu schützen“ sind, schreibt Cyriacus Spangenberg 1560 in einer frühen Jagdanleitung.


Elbsandstein-Touren | Reisereportagen


Mit Unterstützung des Vereins der Freunde des Nationalparks Sächsische Schweiz

Kompass Natur – Alle Folgen


Manche dichteten dem Luchs sogar magische Fähigkeiten an: Sein Urin könne sich in der Sonne in „feurig glänzende Karfunkel“ verwandeln, heißt es bei Plinius dem Älteren um 50 n.Chr. Langezeit bestimmten Unwissenheit und Aberglaube die öffentliche Meinung. Jäger sahen den Luchs als Konkurrenten, sein edler Pelz war heiß begehrt. Bis ins 19. Jahrhundert wurde Europas größte Wildkatze gnadenlos verfolgt und gejagt und in weiten Teilen ausgerottet. Sachsens letzter Luchs wurde 1743 erschossen – im Elbsandsteingebirge.

Doch vielleicht ist das nicht das Ende der Geschichte. Denn inzwischen ist der Luchs streng geschützt – und es gibt Bemühungen, ihn zur Wiederherstellung des ökologischen Gleichgewichts neu anzusiedeln. In der Sächsischen Schweiz gab es seit den 1930er-Jahren immer wieder vereinzelte Hinweise auf durchwandernde Luchse – meist eher flüchtiger und zweifelhafter Natur. Erstmals ist jetzt ein sicherer Langzeit-Nachweis gelungen: Ein aus Polen zugewandertes Tier hat sich einen guten Monat lang in der Hinteren Sächsischen Schweiz aufgehalten. Kurioserweise genau dort, wo sein letzter Artgenosse vor fast 300 Jahren zur Strecke gebracht wurde. Kehren die Katzen womöglich in ihr altes Revier zurück? >>> Zum Beitrag aufs Bild klicken!

Ein Denkmal für Sachsens letzten Luchs

Wer in Sachsen Spuren von Wildnis sucht, den führt der Weg irgendwann zu einem verwitterten, moosgrünen Felsblock im Großen Ziegengrund: zum Luchsstein bei Hinterhermsdorf in der Hinteren Sächsischen Schweiz. Hier erschoss ein Jäger 1743 Sachsens letzten Luchs. Die Inschrift des Steins lautet:

„Allhier habe ich Joh. Gottfr. Puttrich, königl. Förster aus Hinterhermsdorf einen Luchs mit einem Selbstschuß erlegt anno 1743.“

Fast drei Jahrhunderte später traf ein aus Westpolen zugewanderter Luchs genau hier mit seinem steinernen Vetter zusammen, das beweisen Telemetriedaten. Landschaftsökologe Ronny Goldberg von der Nationalpark- und Forstverwaltung brachte den Fall als Gutachter einer Bachelorarbeit ans Licht. Der Luchs im Bild dient zur Illustration des Themas und wurde in einem Gehege fotografiert.

Fotos/Bildmontagen: Hartmut Landgraf

Das einzige bekannte Foto der Luchsin Mira in der Sächsischen Schweiz. Aufgenommen von einer Wildkamera, Ende Juli 2020 in der Nähe von Hertigswalde. (Foto: M. Richter)

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*