„Wir bleiben wie wir sind“

Christine und Bernd Arnold vor ihrem Hohnsteiner Klettergeschäft
Ein Leben für den Bergsport - Christine und Bernd Arnold vor ihrem Hohnsteiner Kletterladen, der heute vor 25 Jahren gegründet wurde. (Foto: Hartmut Landgraf)

Vor 25 Jahren gründeten Christine und Bernd Arnold ihr Bergsportgeschäft in Hohnstein. Nach der Maxime: Mach, wovon du was verstehst und bleib dir selbst treu. So läuft der Laden bis heute.

Eine winzige Dachkammer in Hohnstein, erfüllt von Pfeifendunst, vollgestopft mit Bergbüchern, Zeitschriften und Andenken – mittendrin ein schlichter Sekretär voller Merkzettel und Telefonnummern. Hierhin zieht sich Bernd Arnold zurück, wenn er seine Ruhe haben will oder Pläne schmiedet, in seinen Papieren und Erinnerungen kramt – oder mit Kunden und Geschäftspartnern telefoniert. Hier unterm Dach über der Druckerei des Großvaters fing vor 25 Jahren alles an. Die ersten Kletterschuhe wurden damals gleich links neben der Küche verkauft.

Christine und Bernd Arnold in jungen Jahren
Zeitsprung zurück: Christine und Bernd in jungen Jahren. (Foto: Archiv B. Arnold)

Über Bernd Arnolds Wohnhaus in Hohnstein könnte man viele Geschichten erzählen. Viele haben hier begonnen. Die meisten handeln von großen Wänden und Abenteuern, von Erstbegehungen im Elbsandsteingebirge oder in den Bergen der weiten Welt. Aber es gibt auch eine Geschichte im Leben des sächsischen Kletteridols, in der er selbst nicht Akteur sondern Mittler für anderer Leute Abenteuer ist – als Tourenanbieter, Trainer und Ausrüstungsverkäufer. Diese Geschichte nahm ebenfalls hier ihren Anfang: die Firma Bergsport Arnold, gegründet in Hohnstein am 1. April 1990 als einer der ersten Outdoorläden in den neuen Bundesländern.

Ladenraum in Hohnstein
Klein, persönlich und irgendwie ein bisschen bunt – aber eine Fundgrube für ambitionierte Kletterer: der Ladenraum in Hohnstein. (Foto: Hartmut Landgraf)

Bernd Arnolds Firmenphilosophie ist so schlicht wie seine Kammer: „Mach, wovon du was verstehst und bleib dir selbst dabei treu“, sagt er. Das klingt nicht unbedingt nach einer großen Geschäftsidee – wohl aber nach einer langfristig tragfähigen. Mit seinem Sortiment an Bekleidung und Ausrüstung „fürs Draußensein“ ist Bergsport Arnold seit über zwei Jahrzehnten im Geschäft und in der Szene eine weithin bekannte Adresse. Für Umsatz im Hohnsteiner Laden sorgen vor allem die treuen Stammkunden. Manchen Bergsteigern gilt es noch immer als Ehrensache, neue Kletterschuhe oder Schlingen beim „Meister“ zu holen. Was freilich nicht ganz stimmt, denn der Laden war von Anfang an auf Bernd Arnolds Frau Christine eingetragen und wird auch von ihr geführt. Inzwischen hat er auch längst sein Sortiment erweitert und ist aus dem Wohnhaus herab an die Straße gezogen, zuerst in die alte Sattlerei gegenüber vom Buswendeplatz, 2002 dann an seinen jetzigen Standort, in die ehemalige Apotheke in einem repräsentativen Fachwerkhaus am Markt. Alsbald gesellte sich Fachgeschäft Nummer zwei zum Stammsitz hinzu – Der Insider in Bad Schandau. Zudem ist Bergsport Arnold in der Region als Anbieter von Wander- und Klettertouren unterwegs und stellt auch sonst einiges auf die Beine: Über mehrere Jahre hat der Familienbetrieb zum Beispiel das Hohnsteiner Klettersportfest ausgerichtet und veranstaltet noch heute die Hohnsteiner Bergsommerabende. Neben Bernd und Christine gehören noch drei langjährige Mitarbeiter zur Firma. „Leute, mit denen wir Glück hatten und auf die wir uns hundertprozentig verlassen können“, sagt Bernd.

Die alte Sattlerei
Der erste „richtige“ Laden. Nach dem provisorischen Start in der heimischen Dachkammer war die alte Sattlerei in Hohnstein ein erheblicher Schritt nach vorn. (Foto: Archiv B. Arnold)
Das Bergsportgeschäft am Hohnsteiner Markt
Das heutige Geschäft am Hohnsteiner Markt ging nach fast fünfjährigen Bauarbeiten 2002 in Betrieb. Die Sanierung des denkmalgeschützen Fachwerkhauses und alles was damit zusammenhing, raubte den Eigentümern oft den letzten Nerv. Bernd Arnold bezeichnet diese Lebensphase heute als „Meisterleistung meiner Frau“. (Foto: Archiv B. Arnold)
Bad Schandau zum Hochwasser 2013
Der Gau für die Händler in der Schandauer Innenstadt – das Elbehochwasser im Sommer 2013. Auch Arnolds Bergsportgeschäft „Der Insider“ ging in der Flut unter. Das Hotel Elbresidenz am Markt ist bis heute geschlossen. Seine Gäste waren für den Insider eine wichtige Umsatzquelle. (Foto: Archiv B. Arnold)

Angefangen aber hat alles ziemlich klein und spartanisch. „Am Anfang haben nur die Insider gewusst, dass es uns gab“, erinnert sich Christine Arnold. Dass das auf Dauer zum Leben nicht reichen würde, war offensichtlich. Hohnstein ist ein bildhübsches Städtchen, aber wirtschaftlich und touristisch nicht gerade der Nabel der Welt. Ihr Geschäft näher an die Basis zu bringen – nach Dresden, wo Tausende Bergsteiger wohnen, kam für die beiden trotzdem nicht in Betracht. „Man ist authentischer, wo man Wurzeln hat“, findet Bernd.

Nicht jede Wurzel bietet auf die Dauer genügend Halt. So war das mit Bernd Arnolds Buchdruckerei in Lohmen, vor der Wende ein kleiner, inhabergeführter Familienbetrieb mit sechs Angestellten – nach der Wende ein Geschäft ohne Perspektive, wie er heute sagt. Beruflich mussten er und Christine sich neu orientieren. Als Kletterer war Bernd da allerdings schon längst eine Legende, seine Erstbegehungen im Elbsandsteingebirge hatten nicht nur in der Heimat neue Maßstäbe gesetzt. Ein Umstand, der ihm als Neuunternehmer ein paar Vorteile verschaffte, als die Mauer fiel. Der Sachse konnte bei namhaften Ausrüstungsfirmen im Westen einfach zur Tür hereinspazieren und musste nicht erst Klinken putzen.

Gedenken an einen Freund
Auch das gehört zu Bergsport Arnold: Die Ecke ist einem engen Freund von Bernd Arnold gewidmet, dem 2010 tödlich verunglückten Extremkletterer Kurt Albert, der auch als Erfinder des Rotpunktstils bekannt ist. (Foto: Hartmut Landgraf)

Wie „Händler“ im Wortsinn haben sich Bernd und Christine allerdings nie gefühlt. Sie zum Beispiel mag „Leuten nichts aufdrängeln“, beide lieben ihre Unabhängigkeit und sehen, wie Bernd Arnold es ausdrückt, den Laden vor allem als Chance, ihr Leben „nach eigenem Gusto“ zu führen. Angebote und Möglichkeiten zum Einstieg in größere Geschäfte hätte es durchaus gegeben. Der Verlust von Entscheidungsfreiheit erschien den beiden Hohnsteinern jedoch als ein zu hoher Preis. Statt wild drauflos zu wachsen, nehmen sie sich lieber Zeit, ihr Sortiment bei gemeinsamen Wochenend-Klettertouren in der Sächsischen Schweiz privat zu testen – gern auch etwas ausgiebiger als nötig… So entstehen dann mitunter Ideen, wie etwa die legendäre BSA-Sohle, eine gemeinsam mit dem Heidenauer Reifenwerk entwickelte und besonders weiche Gummisohle für Kletterschuhe, speziell für Sandsteingebiete. Die gibt es nur bei Bergsport Arnold. „Zu unseren Vorstellungen passt eher ein langsamer und gediegener Aufbau“, sagt Bernd Arnold. „Eine Warenschleuse wollten wir nie werden.“

In Bernds Dachkammer ist augenscheinlich alles beim Alten geblieben. Die Möbel, die Klebezettel – das ganze liebenswerte Durcheinander. Wenn man den Meister hier als Unternehmer anspricht und nach seinen Plänen und Zielen fragt, dann scheint eher der Kletterer in ihm zu antworten. Dann nennt er Dinge, die zu seinem privaten Lebensentwurf gehören, wie „innere Zufriedenheit“, „Gelassenheit“ oder „die eigene Linie“. Zahlen nennt er keine. Vielleicht, weil hier in seinem Allerheiligsten nicht jede Frage willkommen ist. Wer kann das schon wissen. „Wir werden nicht mehr expandieren“, sagt Bernd Arnold. „Wir bleiben so wie wir sind.“ Der Rest ist Schweigen und Pfeifenrauch.

Der nächste Hohnsteiner Bergsommerabend findet am 3./4. Juli im Puppenspielhaus Hohnstein statt, Beginn jeweils 20 Uhr. Am Freitag spricht der Autor und Bergfotograf Frank Richter über sein neues Buch „Elbsandsteingebirge – Vom Erleben der Landschaft“. Am Sonnabend hält Bergsporthistoriker Joachim Schindler einen Vortrag über Hohnsteins Klettergeschichte, es folgen Beiträge von Bernd Arnold über Patagonien sowie satirische Sichtweisen zum Klettersport von Peter Brunnert und Andreas Dick.

1 Kommentar zu „Wir bleiben wie wir sind“

  1. Hallo Christine !
    Kein Wunder, dass ich nicht reich werde !
    Vielen Dank für die Aufmerksamkeit ! Du kannst mir für die Doppelung noch 5 Expl. „Fehrmann“ schicken. Da habt Ihr auch noch etwas davon !

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