Ein Bett im Kornfeld

Zwei Frauen im Kornfeld
Den Sommer mit allen Sinnen genießen - das ist ganz nach dem Geschmack der Blog-Biester. (Foto: Sven Legler)

Eine warme Sommernacht unterm Sternenhimmel. Ein weiches Bett aus Weizen, Mohn und Kornblumen. Die Blog-Biester finden unter solchen Umständen garantiert was zum Vernaschen.

Egal wo: Dana und Dani kochen ungern auf Sparflamme. Unsere beiden Hobby-Gourmets sagen der geschmacklichen Tristesse im Rucksack den Kampf an und ziehen in ihrer neuen Kolumne auf Sandsteinblogger.de alle kulinarischen Register. Selbst wenn die Kraxe 20 Kilo wiegt, der Wind den Kocher auspustet und der halbe Wald in den Topf fällt. Die Kocherei da draußen ist eben ein bisschen – na, sagen wir mal: speziell. Aber: Der Mehraufwand lohnt sich – und das Ergebnis schmeckt verboten lecker! Heute: Bunter Wiesensalat mit Ziegenkäse und Limettenlimonade.

Heute kommt mal ein Blumenstrauß auf den Tisch – und auf den Teller

Dana: Wenn ich Blumen pflücke, dann mache ich das normalerweise, um sie in eine Vase zu stellen. Logisch, was sonst. Bisher kam mir nie in den Sinn, dass man mit ihnen auch den Tisch decken kann – also buchstäblich. Als ich an einem Freitagmorgen im Juli mit einer Freundin zwischen den Blumen in ihrem Garten herumstreife – in der Hand eine Schere – und reihenweise Rosen, Gänseblümchen, Ringelblumen, Dahlien und Phlox die Köpfe stutze, habe ich etwas mit ihnen vor, das mir fast wie ein Frevel erscheint: Ich will sie nämlich essen.

Glockenblumen, Scharfgabe
Was alles so auf den Teller kommt… (Foto: Sven Legler)

Im Internet bin ich seit Tagen auf der Suche nach solchen essbaren Blumen. Dani und ich brauchen ein neues Rezept für unsere Blog-Biester-Kolumne, und das soll was mit dem Sommer zu tun haben. Bei meiner Recherche finde ich heraus, dass es diverses Wiesegemüse gibt. Einiges davon wächst sogar direkt vor meiner Haustür an den Elbwiesen. Könnte man mal einen sommerlichen Salat draus machen. Aber ob das gut geht? Nicht, dass wir nachts mit Bauchschmerzen oder anderen Vergiftungsanzeichen aufwachen… Als ich an jenem Morgen den Garten meiner Freundin plündere, landet neben den Blüten auch eine große Auswahl an Kräutern und Mangold in meinem Korb. Am Nachmittag pflücke ich noch einen kunterbunten Wiesengemüsestrauß: Roter Klee, Wilde Möhre, Labkraut, Schafgarbe, Wegwarte, Sauerampfer, dazu von meinem Balkon eine duftende Machia aus Thymian, Minze, Salbei, Rosmarin und Lavendel. Binde die  Kräuter zu Sträußen zusammen, lasse mich vom intensiven Duft berauschen, und fahre raus in die Sächsische Schweiz. Das wird ein farbenfrohes Abendbrot!

Für eventuelle Notfälle habe ich ein Wundermittel mitgenommen: den selbstgemachten Melissenlikör meiner Freundin. Der soll für alles Mögliche gut sein, den Magen beruhigen und für einen ruhigen Schlaf sorgen. Und um ganz sicher zu gehen, haben wir außerdem noch einen Vorkoster dabei: Sven. Wir werden das Wiesenblüten-Rezept erstmal an ihm ausprobieren. Als Belohnung dafür, dass er unsere sommerliche Blog-Biesterei fotografiert.

Eine Wiese ist ein toller Naturkostladen

Dani: Wenn eine Wiese in voller Blüte steht, erinnert sie mich an ein Kaufhaus. Ich bummle hindurch und sammle einfach alles ein, was ich für ein Picknick brauche. Manchmal fühle ich mich dabei auch wie eine Kräuterhexe oder ein Druide. Es macht Spaß, steckt das Sammeln doch in unseren Genen. Wie oft bin ich früher blind an dieser Auslage vorbei gelaufen. Dabei gibt´s hier sogar Sonderangebote! Zu allererst stechen mir die tiefroten Himbeeren ins Auge. „Aktion: Nur jetzt und nur für kurze Zeit“ ruft es. Sie sind zwar nicht so groß wie im Supermarkt oder in der Beerenplantage, dafür umso aromatischer. Ihr Duft ist wunderbar. So lohnt sich das mühsame Pflücken. Selbst um die biestigen Brennnesseln mache ich keine Bogen. Spitzen und Samen sollen später einen Salat verfeinern. Die Idee, eine Suppe daraus zu kochen, behalte ich im Hinterkopf, denn dazu ist es gerade zu warm. Am Waldrand finden sich noch Sauerampfer, Klee, Taubnessel, wilder Majoran und Gänseblümchen.

Frau mit Teekanne, in der sich Gras und Wiesenblüten befinden.
Dani: „Manchmal fühle ich mich wie eine Kräuterhexe.“ (Foto: Sven Legler)

Auf meiner bunten Kaufhaus-Wiese kann man aber nicht nur bummeln, sondern auch alles gleich verkosten. Ich entdecke Aromen in Pflanzen, die ich so nicht vermutet hätte. Überrascht stellte ich fest, dass eine Blüte nach Steinpilz schmeckt, ein junges Blatt nach Knoblauch – oder ein zarter Trieb nach Bittermandel/Marzipan, ähnlich dem aus dem Backaromafläschchen. Alles, was ich sonst noch für unser blumig-kräuteriges Picknick benötige, findet sich im Garten. So gesellen sich zu den Himbeeren noch einige Johannis- und Stachelbeeren, um später als Kompott einen süß-fruchtigen Nachtisch zu bilden. Ein paar Rote Beete, eingelegt in einer sauer-würzigen Marinade, und ein paar frisch gezogene Kohlrabies. Etliche Ringelblumen mussten um Ihre Köpfe bangen. Aus dem Kräuterbeet habe ich noch die Blätter und Blüten der Kapuzinerkresse, frischen Rosmarin und Thymian und was sich sonst noch finden ließ, stibitzt. Alles vorsichtig in Körbchen gepackt und die weniger empfindlichen Sachen im Rucksack verstaut, mache ich mich auf den Weg.

Korb voll Blumen
Los geht´s. Das werden wir alles irgendwie verarbeiten… (Foto: Sven Legler)
Blumensträuße, Kräuter, Schinken, Ziegenfrischkäse und andere Zutaten
Unsere Zutaten mal auf einen Blick. (Foto: Sven Legler)

Kaum kommt Jürgen Drews – schon haben wir den Salat

Dana: Ein Ohrwurm gibt solange keine Ruhe, bis man ihn entweder verscheucht – oder auf ihn hört. So war das mit unserem Kochplatz. Seit Tagen wurde ich mit einem Schlager aufgezogen: Ein Bett im Kornfeld. Ich mag keine Schlager. Aber natürlich kannte ich das Lied, und irgendwann war mein Kopf davon so voll, dass ich es regelrecht vor mir sehen konnte: Kornfelder, beschwingte Wiesen, herrliches Sommerlicht und gegenüber – die Affensteine. Genauso hatte ich den Platz in Erinnerung, versteckt zwischen Hügeln und kleinen Gehölzen in der Nähe von Mittelndorf und Lichtenhain. Aber ohne Jürgen Drews hätte ich sicher nicht an ihn gedacht.

Feld, Wälder, Felsmassive
Unser Platz an der Sonne – gegenüber den Affensteinen. (Foto: Sven Legler)
Zwei Frauen im Kornfeld stoßen mit Limonade und Wein an
Prost! Auf alle Kornfelder der Sächsischen Schweiz… (Foto: Sven Legler)
Brot, Schneidebrett, Messer
Selbstgebackenes Focacciabrot – dazu Ziegenkäse. Ein Gedicht! (Foto: Sven Legler)
Hände, die Radieschen schneiden
Schnipselkram… (Foto: Sven Legler)

Und so sind wir nun hier mit unseren Sträußen. Wahrlich schon schwer genug bepackt. Aber zwei Sammlerinnen wie wir kriegen nie genug. Am Wegesrand  leuchten herrlich blaue Kornblumen und Glockenblumen, sie scheinen zu rufen: „Wir wollen euer Essen schmücken.“ Genau das fehlt uns nämlich noch zu unserem sommerlichen Schmaus: ein bisschen Blau. Erstmal wird Wasser heiß gemacht, für einen Tee aus Kräutern, Blüten und Limettensaft. Der ist hübsch und lecker und wunderbar erfrischend. Zu Hause habe ich zum ersten Mal Brot gebacken. Wir schneiden es in Scheiben, geben einen Aufstrich aus Ziegenfrischkäse, Lavendelsalz und gemörsertem Thymian und Rosmarin darauf. Das Ganze schmücken wir mit Blüten, sodass es eine Augenweide ist. Dazu gibt´s Salat. Das Dressing richte ich hier draußen an. Auch ein Avocadoaufstrich ist schnell gemacht. Die selbstgemixte Limonade aus Minze, Melisse, Zitronenverbene und Limettensaft hätte ebenfalls köstlich zu unserem Abendbrot gepasst – dummerweise gießen wir die Wiese damit. Und der Salat schmeckt zu unserem Leidwesen nicht nur uns, sondern auch den Schnecken.

Irgendwann krieche ich in meinen Schlafsack. Unser Bett im Kornfeld ist zunächst alles andere als bequem – es entpuppt sich wegen der Hangneigung als Rodelbahn. Mal sehen, wo ich morgen früh aufwachen werde. Ich lausche noch ein wenig in die Nacht hinein, irgendein Vogel ist noch munter. Um mich herum raschelt es. Vielleicht eine Maus. Oder ein Hase. Ich schaue zu den Sternen hinauf, die Milchstraße ist zu sehen. Ihr Licht ist ein Gruß aus der Vergangenheit – ich dagegen bin ganz im Hier und Jetzt. Dann schlafe ich ein. Ohne Jürgen Drews.

Frau mit Glaskrug
An einem heißen Tag genau das Richtige: Limettenlimonade. (Foto: Sven Legler)

So schmeckt der Sommer!

Dani: Wenn ich das Wort Unkraut höre, vergeht´s mir. Ein blödes Wort und ein falsches dazu! An unserem Treffpunkt zeigt sich wieder mal, wie irreführend es ist. Vor uns liegt ein großes Weizenfeld mit einem herrlichen Blick auf die hintere Sächsische Schweiz. Wilde Kamille und Kornblumen blühen am Feldrand. Darüber weht der würzige Duft von reifem Getreide. Ein Himmelreich für Kräuterhexen und Blog-Biester! Hier finden wir alles, was wir für einen schmackhaften Wiesenkräutertee benötigen. Löwenzahn und Schafgarbe strahlen um die Wette, mittendrin der Spitzwegerich und am Rande ganz bescheiden die Brennnessel. Alles in der wärmenden Umarmung der Sommersonne gewachsen. Als wir später unseren Tee aufgießen, meinen wir, den Sommer tatsächlich zu schmecken.

Frau schenkt sich einen Becher Wasser ein.
Man nehme ein Stück Wiese und gieße heißes Wasser drauf – fertig ist der Tee. (Foto: Sven Legler)
Brotscheiben mit Frischkäse und verschiedenen Sommerblüten
So schmeckt der Sommer! (Foto: Sven Legler)
Ziegenfrischkäse, Blumen
Das Auge isst nicht bloß mit – es ist regelrecht unersättlich! (Foto: Sven Legler)

Unser Picknick dehnt sich beinahe bis Mitternacht. Wir haben Neumond und nicht eine Wolke ist am Himmel zu sehen. Es weht ein laues Lüftchen, hier und da raschelt es, ein paar Grillen zirpen im Feld und irgendwo pfeift ein Vogel ein komisches Lied. Ich lasse meine Gedanken schweifen – und ärgere mich über dieses Wort: Unkraut. Wir haben unseren Tisch heute mit all den wilden und krautigen Pflanzen reich gedeckt und uns selbst bewiesen, dass sie so gar nicht auf den Kompost, sondern eher in den Kochtopf gehören. Wildkräuter schmecken intensiver als ihre gezüchteten Verwandten, und haben in aller Regel auch einen höheren Nährwert. Wir zwei sind zwar keine Kräuterexperten. Aber mit unserem zusammengewürfelten Wissen konnten wir uns gut ergänzen. Und das Ergebnis war lecker.

Mach´s einfach! Die Blog-Biester-Tipps:

Brot mit Frischkäse und Blüten
(Foto: Sven Legler)

Mediteraner Frischkäseaufstrich

  • 300g Ziegenfrischkäse
  • 4 EL geröstete Sonnenblumenkerne
  • 6 Stängel Zitronenthymian
  • 6 Stängel Rosmarin
  • Lavendelsalz und Pfeffer
  1. Die Sonnenblumenkerne in einer Pfanne rösten und mit dem Ziegenfrischkäse vermengen.
  2. Die Kräuter im Mörser zerkleinern und ebenfalls zum Frischkäse geben.
  3. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Avocadocreme

  • Zwei Avocados
  • 2 EL Joghurt pur
  • 1 Limette
  • Salz und Pfeffer
  1. Avocados, schälen, entkernen, und das Fruchtfleisch mit einer Gabel zerkleinern.
  2. Den Joghurt mit dem Fruchtfleisch verrühren.
  3. Mit dem Saft einer Limette, Salz und Pfeffer abschmecken.
Wiesenblütensalad mit Himbeeren und Roter Beete
(Foto: Sven Legler)
Korb voll Blumen
(Foto: Sven Legler)

Wiesenblüten-Salat

  • 300g Blattsalatmix
  • 6 Stangen Mangold
  • Löwenzahnblätter, Brennesselspitzen, Taubnessel, Sauerampfer, Labkraut…
  • Kräuter aller Art (Majoran, Minze, Thymian, Zitronenverbene…)
  • Blüten (Gänseblümchen, Rosenblütenblätter, Dahlienblütenblätter, Glockenblumen, Borretsch, Hornveilchen, Ringelblumen…)

Dressing für den Salat

  • 8 EL Olivenöl mit Zitrone
  • 4 EL Himbeeressig
  • 2EL Agavendicksaft
  • Saft von 1-2 Limetten
  • Jeweils zwei Stängel Thymian und Rosmarin
  • 6 EL geröstete Sonnenblumenkerne
  • Lavendelsalz und Pfeffer
  1. Kräuter und Blattsalate mischen, die gerösteten Sonnenblumenkerne darunter mischen.
  2. Die Kräuter für das Dressing im Mörser zerkleinern und mit den übrigen Zutaten das Dressing mixen.
  3. Die Blüten über den Salat streuen.

Limettenlimonade

  • 1 l Wasser
  • Jeweils zwei Stängel Pfefferminze, Zitronenmelisse, Zitronenverbene
  • 3 Limetten

Zwei Limetten in Scheiben schneiden und in das Wasser geben zusammen mit den Kräutern und dem Saft einer Limette.

Teeaufguss aus Wiesenkräutern
Teebeutel braucht kein Mensch! (Foto: Sven Legler)

Kräutertee

Kräuter und Blüten aller Art  (Kamille, Minze, Melisse, Zitronenverbene, Roter Klee, Kornblumen, Ringelblumen, Rosenblüten, Gänseblümchen…) mit heißem Wasser aufgießen und 5-10 min ziehen lassen. Wenn gewünscht mit etwas frischem Limettensaft verfeinern.

Eingelegte Rote Beete

  • 1 kg etwa gleich große Knollen
  • 40 g frischer Ingwer, klein gewürfelt
  • 200 g Zwiebel, in halbe Ringe geschnitten
  • 1,5 EL Salz
  • 5 EL Zucker
  • 600 ml klare Gemüsebrühe
  • 400 ml Weißweinessig
  1. Die Rote Beete in Wasser weich kochen und anschließend unter fließendem Wasser pellen.
  2. Die Knollen in mundgerechte Stücke schneiden.
  3. Alle Zutaten zusammen kurz aufkochen und in Schraubgläser abfüllen.
Waldbeeren mit Haferkeksen und Sahnequark
Zum Nachtisch… (Foto: Sven Legler)

Waldbeeren-Quark-Keks-Dessert

  • Beerenmix
  • Zucker nach Geschmack
  • 100g Haferkekse
  • 500g Sahnequark

Gewünschte Beeren mit Zucker nach Geschmack einkochen, mit Quark auf einem Teller anrichten und zwei bis drei Haferkekse über den Beeren-Quark-Mix bröseln.

 

Wiesengräser im Abendlicht
Eins steht fest – das haben wir nicht zum letzten Mal gemacht! (Foto: Sven Legler)

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